Datentransfers :
Keine Blankoschecks für Amerika mehr

Von Hendrik Kafsack, Brüssel
Lesezeit: 2 Min.
EU-Justizkommissarin Vera Jourová
Der EuGH hat „Safe Harbor“ im Oktober gekippt. Die EU-Justizkommissarin sagt im Gespräch mit der F.A.Z., wie sie ein neues Abkommen mit Amerika aushandeln will.

Google, Facebook, Amazon und andere amerikanische Internetunternehmen sollen künftig keinen Blankoscheck mehr für die Übertragung europäischer persönlicher Daten in die Vereinigten Staaten mehr bekommen. Dafür hat sich EU-Justizkommissarin Věra Jourová im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ausgesprochen. Das Nachfolgeabkommen für das vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippte Safe-Harbor-Abkommen solle engmaschig überwacht und jederzeit von der Kommission ausgesetzt werden können.

„Der Fehler des bisherigen Safe-Harbor-Abkommens war, dass wir nach dem Motto verfahren sind: Stempel darauf, abgehakt“, sagte Jourová. Das müsse sich mit dem neuen Abkommen ändern. Die Tschechin forderte ein „System von Vertrauen und Kontrolle.“ Es dürfe nie mehr der Verdacht einer Massenüberwachung durch die amerikanischen Geheimdienste aufkommen. 

„Wir brauchen ausreichende Garantien, dass der Zugriff der Amerikaner auf die Daten den Prinzipien von Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit entspricht, und dass es eine entsprechende richterliche Aufsicht gibt", sagte Jourová. Das neue Abkommen müsse sicherstellen, dass die Zusagen von den Geheimdiensten auch eingehalten würden. Die EU fordere deshalb einen alljährlichen Bericht über die Anzahl der von den Diensten abgefragten Daten. Das allein genüge aber nicht: Zugleich müssten die betroffenen Unternehmen ihrerseits die Zahl der Anfragen berichten, um es zu erlauben, die Angaben der amerikanischen Behörden zu überprüfen. Die Tschechin zeigte sich zuversichtlich, dass die Verhandlungen mit den Amerikanern über ein neues Abkommen bis Januar abgeschlossen werden können.

„Wir müssen die Phase der Rechtsunsicherheit so schnell wie möglich beenden“, sagte Jourová. Der EuGH hatte das Safe-Harbor-Abkommen im Oktober gekippt. Das Abkommen hat rund 4400 Unternehmen ermöglicht, persönliche Daten von EU-Bürgern in die Vereinigten Staaten zu übertragen. Voraussetzung war, dass die Unternehmen sich zu bestimmten Datenschutzstandards verpflichteten. Die Richter hatten die Aussetzung vor allem damit begründet, dass die Vereinigten Staaten wegen des weitgehenden Zugriffs der Geheimdienste auf die Daten kein „sicherer Hafen“ seien. Die betroffenen Internetunternehmen dürfen seither eigentlich keinen Daten mehr nach Amerika übertragen. Da das die Unternehmen vor enorme Schwierigkeiten stellen würde, haben die EU-Datenschutzbehörden der Kommission bis Januar Zeit gegeben, um mit den Amerikanern über ein neues Abkommen zu verhandeln.